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Mein Sohn, bewahre meine Rede und birg meine Gebote in dir!
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Beobachte meine Gebote, so wirst du leben, und bewahre meine Lehre wie einen Augapfel!
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3 |
Binde sie an deine Finger, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens!
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Sprich zur Weisheit: Du bist meine Schwester! und sage zum Verstand: Du bist mein Vertrauter!
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daß du bewahrt bleibest vor dem fremden Weibe, vor der Buhlerin, die glatte Worte gibt!
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Denn als ich am Fenster meines Hauses durch das Gitter guckte
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und die Einfältigen beobachtete, bemerkte ich unter den Söhnen einen unverständigen Jüngling.
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Der strich auf der Gasse herum, nicht weit von ihrem Winkel, und betrat den Weg zu ihrem Haus
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in der Dämmerung, beim Einbruch der Nacht, da es dunkelte.
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Siehe, da lief ihm ein Weib entgegen im Hurenschmuck und verschmitzten Herzens,
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frech und zügellos. Ihre Füße können nicht zu Hause bleiben;
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bald auf der Straße, bald auf den Plätzen, an allen Ecken lauert sie.
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Die ergriff und küßte ihn, und mit unverschämter Miene sprach sie zu ihm:
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"Ich war ein Dankopfer schuldig, heute habe ich meine Gelübde bezahlt;
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darum bin ich ausgegangen dir entgegen, um eifrig dein Angesicht zu suchen, und ich fand dich auch!
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Ich habe mein Lager mit Teppichen gepolstert, mit bunten Decken von ägyptischem Garn;
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ich habe mein Bett besprengt mit Myrrhe, Aloe und Zimt.
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Komm, wir wollen der Liebe genießen bis zum Morgen, uns an Liebkosungen ergötzen!
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Denn der Mann ist nicht zu Hause, er hat eine weite Reise angetreten,
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er hat den Geldbeutel mitgenommen und kommt erst am Tage des Vollmonds wieder heim."
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Durch ihr eifriges Zureden machte sie ihn geneigt und bewog ihn mit ihren glatten Worten,
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so daß er ihr plötzlich nachlief, wie ein Ochse zur Schlachtbank geht und wie ein Gefesselter zum Narrenhaus
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(bis ihm der Pfeil die Leber spaltet), wie ein Vogel ins Netz hinein fliegt und nicht weiß, daß es ihn sein Leben kostet!
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So schenkt mir nun Gehör, ihr Söhne, und merkt auf die Reden meines Mundes!
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Dein Herz neige sich nicht ihren Wegen zu, und verirre dich nicht auf ihre Pfade;
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denn sie hat viele verwundet und zu Fall gebracht, und gewaltig ist die Zahl ihrer Opfer.
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Wege zur Unterwelt sind ihr Haus, führen hinab zu den Kammern des Todes!
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